Missverständnisse in Beziehungen – Warum wir oft nicht hören, was wirklich gesagt wird

Hast du schon einmal mit deinem Partner oder deiner Partnerin gesprochen und plötzlich war die Stimmung angespannt, obwohl du nichts „Schlimmes“ gesagt hast? Vielleicht hast du nur beiläufig angemerkt: „Die Küche ist noch nicht aufgeräumt.“ – und plötzlich entsteht ein Streit, den du nicht kommen gesehen hast.

Warum passiert das? Weil wir Menschen nicht nur mit Worten kommunizieren – sondern auf vier verschiedenen Ebenen gleichzeitig.

Der Kommunikationspsychologe Friedemann Schulz von Thun hat mit seinem Modell der „Vier Seiten einer Nachricht“ gezeigt, warum es in Beziehungen so oft zu Missverständnissen kommt. Lass uns gemeinsam herausfinden, warum du manchmal nicht das hörst, was dein Partner eigentlich meint – und wie ihr eure Kommunikation verbessern könnt.

 
Die 4 Seiten einer Nachricht – Was du wirklich sagst (und was gehört wird)

Jede Nachricht, die du aussprichst, hat vier Ebenen, auch wenn du das vielleicht nicht bewusst wahrnimmst.

1. Sachebene – Was wird gesagt?
2. Beziehungsebene – Wie stehen wir zueinander?
3. Selbstoffenbarung – Was sagt der andere über sich selbst?
4. Appell – Was will der andere von mir?

Klingt kompliziert? Lass es uns an einem klassischen Beispiel aus Beziehungen veranschaulichen.

Beispiel: „Die Küche ist noch nicht aufgeräumt.“

Stell dir vor, du sagst diesen Satz zu deinem Partner oder deiner Partnerin. Jetzt kommt die spannende Frage: Wie wird das gehört?

1. Sachebene (neutral) – Das sind die reinen Fakten.
„Die Küche ist unaufgeräumt.“ (Eine objektive Feststellung, ohne Bewertung.)

2. Beziehungsebene (Wie stehen wir zueinander?)
„Du kümmerst dich nicht genug um den Haushalt.“ oder „Du bist unzuverlässig.“
Problem: Wenn dein Partner sich hier angegriffen fühlt, kann das eine emotionale Reaktion auslösen – obwohl du das gar nicht so gemeint hast.

3. Selbstoffenbarung (Was sage ich über mich selbst?)
„Ich mag es ordentlich.“ oder „Ich fühle mich gestresst, wenn die Küche nicht sauber ist.“
Hier zeigt sich, dass jede Aussage auch etwas über den Sprecher verrät – oft unbewusst.

4. Appell (Was will ich damit bewirken?)
„Bitte räum die Küche auf.“ oder „Ich brauche mehr Unterstützung im Haushalt.“
Wenn dein Partner den Satz als Aufforderung versteht, kann das Widerstand oder Schuldgefühle auslösen – je nachdem, wie er die Botschaft interpretiert.

 
Warum gibt es so viele Missverständnisse in Beziehungen?

Das Problem ist: Wir hören nicht nur das, was gesagt wird – wir interpretieren es durch unsere eigene Brille.

Wenn du selbst gestresst oder unsicher bist, hörst du vielleicht eher auf der Beziehungsebene und fühlst dich schnell angegriffen.

Wenn du dagegen eher lösungsorientiert bist, hörst du vielleicht nur die Sachebene und verstehst nicht, warum dein Partner plötzlich verletzt reagiert.

Kommunikation ist immer ein Wechselspiel aus dem, was gesagt wird – und dem, was gehört wird.

 
Wie kannst du Missverständnisse in deiner Beziehung vermeiden?

Hier sind drei einfache Schritte, um in Gesprächen bewusster zu kommunizieren und weniger in Missverständnisse zu geraten:

1. Frage dich: Auf welcher Ebene höre ich gerade?

Wenn dich eine Aussage emotional triggert, halte einen Moment inne und frage dich:

„Hat mein Partner das wirklich so gemeint – oder höre ich das auf der Beziehungsebene?“
„Was könnte er oder sie eigentlich sagen wollen?“

Tipp: Wenn du dich verletzt fühlst, frag nach: „Wie hast du das gemeint?“ – das verhindert unnötige Konflikte.

2. Sprich bewusst aus, was du meinst

Wenn du merkst, dass dein Partner oder deine Partnerin etwas falsch versteht, formuliere deine Aussage klarer.

Statt: „Die Küche ist noch nicht aufgeräumt.“
Besser: „Ich fühle mich wohler, wenn es ordentlicher ist. Könnten wir die Küche gemeinsam aufräumen?“

Je klarer du formulierst, desto weniger Raum für Fehlinterpretationen bleibt.

3. Übe aktives Zuhören

Oft sind wir im Gespräch so mit unserer eigenen Reaktion beschäftigt, dass wir gar nicht richtig zuhören. Stattdessen solltest du bewusst nachfragen:

Sag zum Beispiel:

  • „Meinst du damit, dass du dich gestresst fühlst, wenn es unordentlich ist?“
  • „Mir kommt das gerade so vor, als würdest du mir vorwerfen, dass ich zu wenig mache – stimmt das?“

Diese Technik verhindert, dass du vorschnell Annahmen triffst und in eine Abwehrhaltung gehst.

 
Bessere Kommunikation – weniger Missverständnisse 

In Beziehungen geht es nicht darum, immer perfekt zu kommunizieren – sondern darum, bewusst zuzuhören und klarer auszudrücken, was man wirklich meint.

Nimm dir aus diesem Beitrag mit:
✔ Kommunikation ist mehr als Worte – wir senden immer vier Botschaften gleichzeitig.
✔ Konflikte entstehen oft, weil wir etwas anderes hören, als gesagt wurde.
✔ Klare Sprache und Nachfragen helfen, unnötige Streitigkeiten zu vermeiden.

Wenn du dich das nächste Mal über eine Aussage deines Partners ärgerst – halte kurz inne. Vielleicht war es gar nicht so gemeint, wie es sich für dich angefühlt hat. 

Julia Bickel